Frankreich auf Beutetour
Frankreich hat bereits in Mali gezeigt, wie es seine Interessen durchsetzt, falls nötig mit Gewalt. Momentan hat die Zentralafrikanische Republik (ZAR) darunter zu leiden.
Am 5. Dezember 2013 hat der sozialdemokratische Präsident Frankreichs, François Hollande, 1’600 Soldaten nach Bangui, der Hauptstadt der ZAR entsendet im Rahmen der sogenannten «Opération Sangaris». Und wieder ist von der Notwendigkeit einer «humanitären Friedensintervention» die Rede. Das Ziel wäre gewesen, den Präsidenten Michel Djotodia, Führer der ehemaligen Rebellenallianz Seleka, unblutig abzusetzen. Doch wie das mit kriegerischen Auseinandersetzungen so ist, verläuft oft alles anders als geplant. Frankreichs Soldaten haben zahlreiche Seleka-Kämpfer entwaffnet, dabei jedoch vergessen, die brutal vorgehenden Milizen der Opposition in die Schranken zu weisen. So ist die Regierung Djotodias jetzt zwar geschwächt, der Konflikt dauert aber nach wie vor an. Demnächst werden weitere afrikanische «Friedenssoldaten» nach Bangui geschickt.
Mit Putsch an die Macht
Die internationalen Aggressoren müssen nun eine unangenehme Wahl treffen: Entweder ist Djotodia der legitime Präsident und dann hilft man ihm, das Gewaltmonopol zu gewinnen. Oder er ist es nicht, und dann setzt man eine Alternative ein. Blutige Repression oder neokolonialer Umsturz – vor diese finstere Entscheidung hat sich Hollande durch seine undurchdachte Interventionspolitik in Zentralafrika gestellt.
Doch wie ist es soweit gekommen?
Ende März 2013 putschte sich die Seleka gewaltsam an die Macht. Die Regierung brach zusammen und Michel Djotodia, der Anführer der Seleka, ernannte sich zum Präsidenten. Viele Kämpfer der Seleka haben bereits diverse Verbrechen verübt; Plünderungen, Überfälle und Vergewaltigungen. Diese brutalen Seleka-Kämpfer rekrutierten ihre Soldaten hauptsächlich aus dem muslimischen Teil der Bevölkerung, die an der Grenze zum Tschad und zum Sudan ihre Heimat haben.
Es ist eine Region in der seit 1960 immer wieder brutale Konflikte stattfinden. Ein Beispiel: Alle sechs Präsidenten, die in der Zentralafrikanische Republik regiert haben, jeder einzelne von ihnen ist durch einen Putsch an die Macht gekommen. Und die ehemalige Kolonialmacht Frankreich hatte stets ihre Finger im Spiel.
Es gibt Bodenschätze zu holen
Es geht auch momentan um die Sicherung von Rohstoffen. In diesem Teil Afrikas gibt es nämlich jede Menge zu holen: In der Bergbauindustrie der ZAR überwiegt die Diamantgewinnung; es werden auch kleinere Mengen an Gold produziert. Uran, Kupfer, Magnesium und Eisenerz stellen weitere wichtige Rohstoffressourcen dar; ein Grossteil davon wurde bislang noch nicht einmal angetastet.
Die zentralafrikanische Ökonomie wird von Frankreich kontrolliert. Die Firma Bolloré hat die Logistik und Flusstransporte fest in der Hand, Castel beherrscht den Getränke- und Zuckermarkt, CFAO hat das Monopol auf den Automarkt. Seit 2007 ist auch die Télécom in der Region «aktiv». Und nicht zu vergessen der französische Atomgigant AREVA oder Total, das die Kontrolle über das Benzinbusiness besitzt.
Auch China mischt in diesem Geschäft kräftig mit. 2008 hat China der ZAR einen Kredit von 4.4 Mrd. Euro gegeben, womit Schulen und Krankenhäuser in dieser armen Region gebaut werden konnten. 2009 erlaubte Bozizé (der mit Frankreichs Hilfe an die Macht kam) der chinesischen Ölgesellschaft CNPC, nach Erdöl in Boromata im Nordosten des Landes zu bohren. Bozizé hat mit China gemeinsame Sache gemacht, was den Zorn des Westen heraufbeschworen hat.
Ausser Kontrolle
Im November 2013 begannen die Medien auf Hochtouren zu laufen: «400’000 Flüchtlinge» oder «das Land ist am Rande eines Völkermords». Und dann ging es Schlag auf Schlag.
Der UN-Sicherheitsrat erlaubte Anfang Dezember den französischen Truppen sowie der Afrikanischen Union mit 2’500 Soldaten einzugreifen. Die Franzosen allerdings waren schon ein paar Tage vorher dort. Wir erinnern uns, dass Bozizé durch die Seleka – eine Koalition, die unter Anderem auch islamistische Banden aus dem Tschad und dem Sudan einschliesst – gestürzt wurde und Djotodia an die Macht kam. Nach seinem Machtantritt wollte er «seine» Seleka-Söldner auflösen, diese wähnten sich aber nicht genügend bezahlt. Sie rächten sich am Volk. Sie plünderten, mordeten und vergewaltigten. Wir sehen, die französische Regierung ist mitverantwortlich für diese Situation, die sie nun mit einer Intervention bereinigen will. Eine Intervention ist nicht gerechtfertigt. Ein weiteres Eingreifen von aussen wird die aktuelle Lage nicht verbessern, dafür langfristig das Elend und die verschiedenen Konflikte des Landes weiter verschärfen.
Humanitäre Hilfe und zivile Massnahmen sollten der erste Schritt hin zu einer friedlichen Lösung des Konflikts sein. Nur ein Dialog zwischen den Konfliktparteien kann im Moment die Situation beruhigen und die Lage der Bevölkerung verbessern.