60% der Abtreibungen sind auf ein Versagen der Verhütungsmittel zurückzuführen. Verhütung und Abtreibungen gehen alle was an! Überschätzung der Wirksamkeit von Verhütungsmittel
Was viele (Männer) nicht wissen: der Pearl-Index der Pille liegt zwischen 0,1-0,9 und jener des Kondoms zwischen 2 und 12. Das heisst, wenn auf 100 Frauen ein Jahr lang ein bestimmtes Verhütungsmethode anwenden, werden bei der Pille durchschnittlich eine Frau Schwanger (also 0,9) und beim Kondom etwa 2 bis 12 Frauen! Dies macht sehr deutlich, wie relevant das Thema Schwangerschaftsabbruch für alle sexuell aktiven Frauen und Männer ist.
An dieser Stelle zu erwähnen ist auch die Tatsache, dass hormonelle Verhütungsmittel wie die Pille auch nicht von den Krankenkassen übernommen werden. Wenn man bedenkt, wie viele Frauen die Kosten für die Pille ganz alleine tragen (eine Packung für einen Monat kostet zwischen 20.- und 30.-) könnte man sich ja fragen, wieso man nicht bei der Prävention ansetzt, und die Übernahme der Kosten von Verhütungsmitteln nicht auch mal diskutieren möchte…
Verantwortlichmachung der Frauen
In der Tat stehen die Frauen beim Thema Schwangerschaft immer alleine da. Die Initiative präsentiert sich vordergründig als Massnahme, um Krankenkassenkosten zu senken. Schliesslich sei eine Abtreibung keine Krankheit, sondern Privatsache. In der von den Initianten herausgegebenen Abstimmungszeitung und im Abstimmungsbüchlein wird suggeriert, dass durch die Unterdrückung jeglicher finanziellen Unterstützung die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche automatisch abnehmen würden. Fotos von strahlenden Kindern und glücklichen Familien zieren die Abstimmungspropaganda.
Die Argumente der Initianten enthalten eine Art Appell an die Frauen mehr Selbstverantwortung zu übernehmen. Es wird den Frauen unterstellt, Abtreibungen würden als Verhütungsmittel missbraucht. In Anbetracht der Tatsache, wie unangenehm und kostenintensiv die Durchführung eines solchen Eingriffes für eine Frau darstellt, ist eine solche Unterstellung einfach nur grotesk und zynisch!
In Wirklichkeit ist es bewiesen, dass die Schwangerschaftsabbrüche seit der Annahme der Fristenregelung im Jahre 2002 drastisch abgenommen haben. Vor allem die illegalen, medizinisch hoch fragwürdigen Praktiken sind praktisch verschwunden: in den 70er Jahren kamen auf 16’000 medizinisch durchgeführte Abtreibungen 20’000 illegale. Viele Frauen starben an diesen zum Teil auch sehr brutalen Praktiken (heisse Stricknadeln, Gift, etc). Wer das Leben wirklich schützen will, wäre nicht für solche archaische Mittel. Heute weist die Schweiz eine der niedrigsten Abtreibungsraten in ganz Europa auf und es ist davon auszugehen, dass die selbstdurchgeführten Abtreibungsversuche verschwunden sind.
Würde es zu einer Kostenreduzierung kommen?
Die Initiative macht auch im Bezug auf ihr Hauptargument keinen Sinn, denn die gynäkologische Betreuung einer Schwangerschaft kostet 10-mal mehr als ein Schwangerschaftsabbruch.
Auch ein Blick in die Abstimmungszeitung lässt schnell erkennen, dass es hier nicht wirklich um die Senkung der Krankenkosten geht. Es ist die Rede vom Gewissen und von Leben retten. Bei der Initiative handelt es sich eindeutig um den Versuch der ultrakonservativen Rechten das Thema Abtreibung zu moralisieren und die Frauen zu stigmatisieren sowie ihre sexuelle Selbstbestimmung einzuschränken.
Angriff auf das Solidaritätsprinzip
Die Initianten argumentieren, dass keiner Abtreibungen mitfinanzieren müsse, „wenn er das nicht will“ (Oskar Freysinger). Man stelle sich vor, man würde über jeden Posten der vom Obligatorium gedeckt wird, einzeln abstimmen! Das der obligatorischen Grundversicherung zugrunde liegende Solidaritätsprinzip sorgt aber genau dafür, dass nicht jeder schauen muss, wo er bleibt.
Überdies gehören die Fristenregelung und die Kostenübernahme eines Schwangerschaftsabbruches zusammen. Die Abstimmungsvorlage zur Fristenregelung enthielt ausdrücklich die Kostenübernahme durch die obligatorische Krankenversicherung. Im Jahre 2002 wurde diese Vorlage mit 72% angenommen! Nur auf diese Weise kann garantiert werden, dass alle betroffenen Frauen wirklich Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch haben und es keine Hürden finanzieller Art gibt.
Konsequenzen für arme Frauen
In der Tat würde eine Herausnahme aus dem Obligatorium vor allem die finanzielle schlechter gestellten Frauen hart treffen. So würde man wieder die Türen öffnen für billige, medizinisch nicht indizierte Praktiken seitens Privater, was das Leben vieler Frauen gefährden würde.
Die Benachteiligung von Frauen mit finanziellen Problemen kommt auch in einer über durchaus zynischen Aussage der Abstimmungszeitung zum Ausdruck, wonach es nicht stimme, dass die Männer aus der finanziellen Verantwortung entlassen würden, da ja gerade diese oft die Frauen zu einer Abtreibung „drängen“ würden, weil gerade Männer die viel höheren Kosten eines Kindes scheuen (S. 3 der Abstimmungszeitung der BefürworterInnen). Mit dieser Aussage wird geradezu offenkundig dargelegt, dass das Thema Kinderkriegen eine finanzielle Angelegenheit ist. Oft haben Frauen keine andere Wahl, als sich gegen ein Kind zu entscheiden, da ihnen sowohl die finanziellen Möglichkeiten sowie die Unterstützung des Mannes fehlen. Wie sich dieses „zur Abtreibung drängen“ mit dem Gewissen des konservativ denkenden Mannes vereinbaren lässt wird aber nirgends erklärt.
Eine wirklich wirkungsvolle Familienpolitik nimmt die Gesellschaft als solche in die Verantwortung und sorgt dafür, dass alle den gleichen Zugang zu medizinisch sicheren Schwangerschaftsabbrüchen und die gleichen Möglichkeiten zur Familienplanung haben. Aus diesem Grund ist eine der wirkvollsten Maßnahmen eine deutliche Verbesserung der finanziellen Lage der Frauen, damit der Entscheid, ein Kind behalten zu wollen oder nicht, nicht vom Gutdünken oder Geldbeutel des Mannes abhängt.
Darum sagen wir vehement NEIN zur Initiative „Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache!“
Liegt die Ursache des Versagens von Verhütungsmitteln tatsächlich an den Verhütungsmitteln selbst oder daran, dass sie falsch verwendet wurden? Weil die Unsicherheit bei Kondomen scheint mir zu hoch, wenn sie als einzig sicherer Schutz vor Geschlechtskrankheiten gelten.