Unter der Leitung Russlands wurde in Astana ein Friedensgespräch zwischen syrischen Regierung und Opposition durchgeführt. Die USA blieben dabei aussen vor. Eine neue Verfassung könnte ein wichtiger Schritt hin zum Ende des langjährigen Krieges sein.
In der kasachischen Hauptstadt Astana haben Ende Januar Friedensgespräche zwischen der Assad-Regierung und syrischen Oppositionsgruppen unter der Vermittlung von Russland, der Türkei und dem Iran stattgefunden. Sie sollten als Vorbereitung auf weitere Gespräche in Genf dienen, die Ende Februar geplant sind. Direkte Gespräche zwischen den Kriegsparteien hat es nicht gegeben, stattdessen sind die russischen und türkischen Unterhändler-Innen zwischen den beiden syrischen Delegationen hin- und hergependelt. Die Konferenz wurde von Russland initiiert und gemeinsam mit der Türkei und dem Iran vorbereitet. Astana gilt als neutraler Tagungsort, da Kasachstan im Gegensatz zu den drei Vermittlerländer nicht im Syrienkrieg involviert ist.
Ohne KurdInnen
Die Delegation der Assad-Regierung wurde angeführt von Baschar al-Dschaafari, dem syrischen Botschafter bei den Vereinten Nationen. Auf der Gegenseite waren VertreterInnen von zwölf Oppositionsgruppen. An der Spitze stand Mohammed Allusch vom von Saudi-Arabien unterstützten Bündnis Dschaisch al-Islam. Zudem nahmen Delegierte von Kriegsgruppen aus dem Grossraum Aleppo und Vororten von Damaskus an dem Treffen teil. Neben VertreterInnen von Russland, Iran und der Türkei sass auch der Uno-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, am Verhandlungstisch. Die USA waren lediglich durch ihren Botschafter in Kasachstan, George Krol, vertreten. Er nahm die Rolle eines Beobachters ein.
Die Terrororganisationen Daesh bzw. IS und die al-Nusra-Front waren nicht eingeladen. Die mit der Türkei verbündete Miliz Ahrar al-Scham hatte die Einladung nach Kasachstan ausgeschlagen. Gleiches gilt für mehrere andere Milizgruppen.
Wie bei allen bisherigen Verhandlungsrunden wurden auch diesmal die KurdInnen aussen vor gelassen. Die Partei PYD und ihre Miliz, die Volksverteidigungseinheiten YPG, erhielten keine Einladung, obwohl sie grosse Gebiete im Nordosten des Landes kontrollieren und schlagkräftigste Gegner-in des Daesh sind. Die Türkei als Co-Organisatorin betrachtet die kurdischen Milizen in Syrien als Terrororganisationen und lehnte deshalb Verhandlungen mit ihnen ab.
Während der Konferenz machten sich die Delegationen der Regierung und der Opposition gegenseitig verantwortlich, die Waffenruhe gebrochen zu haben. Al-Dschaafari, der Anführer der Delegation aus Damaskus, warf der Opposition vor, Kriegsverbrechen von al-Qaida zu legitimieren. Die Delegation der Opposition wiederum weigerte sich, über die Bekämpfung al-Qaidas zu reden, solange auf Seiten der Regierung von Iran finanzierte schiitische Milizen aus dem Ausland kämpften.
Iran, Russland und die Türkei haben nach der Konferenz in einem gemeinsamen Communiqué verkündet, sie würden die brüchige Waffenruhe in Syrien konsolidieren. In der Stellungnahme hiess es, die drei Mächte würden ihren Einfluss auf die Kriegsparteien nutzen, um die Waffenruhe zu implementieren und Zugang für humanitäre Hilfe zu gewähren.
«Ein qualitativ neuer Schritt»
Der russische Aussenminister Sergei Lawrow bekundete, er sei froh, dass die Gespräche stattgefunden hätten, trotz allen Versuchen sie zu behindern. Die Astana-Gespräche bezeichnete Lawrow als «wichtigen und qualitativ neuen Schritt hin zu einer Lösung» und «Verhandlungen über die Zukunft» Syriens. Die neuen Prozesse «beziehen die bewaffneten Oppositionsgruppen mit ein, die sich bisher nicht an Begegnungen mit der Regierung beteiligt haben».
In weiteren Gesprächen in Moskau erläuterte er den syrischen Oppositionellen den Mechanismus, mit dem Russland, Türkei und Iran den Waffenstillstand überwachen wollen. Er übergab ihnen auch den von russischen ExpertInnen ausgearbeiteten Entwurf für eine neue syrische Verfassung: Die Scharia solle nicht «einzige Quelle des Rechts» sein, der Präsident werde für sieben Jahre gewählt und bleibe Oberbefehlshaber. Allerdings solle er durch eine «Versammlung der Regionen» kontrolliert werden. Der Oberste Richter am Verfassungsgericht müsse durch das Parlament gewählt werden, die Kommunen würden aufgewertet. Die Macht im Staat solle dezentralisiert werden, explizit wird die Gleichberechtigung und Autonomie der kurdischen Minderheit erwähnt.
Das Papier sei eine allgemeine Zusammenfassung von Vorschlägen, die im Laufe der letzten Jahre sowohl von der syrischen Regierung als auch von Oppositionsgruppen vorgelegt worden seien. Man habe versucht, «übereinstimmende Punkte» zu identifizieren. Die Sprecherin des russischen Aussennamtes, Marija Sacharowa, kommentierte den Vorschlag: «Die SyrerInnen selbst werden alles entscheiden. Wir haben einige fundamentale Punkte, von denen wir nicht ablassen: Ein einiges Land, zusammengehörend, säkular, natürlich demokratisch, mit gleichen Rechten für alle Nationalitäten und Religionen.»