John Vidal. Afrika ist von der schwersten Hungerkrise der letzten 25 Jahre bedroht. Das zweite Jahr in Folge ist der Regen ausgeblieben. 50 Millionen Menschen sind gefährdet.
Die Erntezeit im Süden Malawis sollte eine Zeit zum Feiern sein, mit Hochzeiten und vollen Mägen. Doch Christopher und Lilian Witimani mit ihren vielen Kindern und Enkelkindern hatten letzte Woche nichts zu feiern, als sie ihre magere Maisernte einbrachten.
Die Dürre vom letzten Jahr, auf die schwere Regenfälle folgten, hat das malawische Dorf Nkhotakota hart getroffen. Dieses Jahr ist der Regen nie gekommen und der Getreidespeicher der Familie ist zum zweiten Jahr in Folge leer. Falls sie sorgfältig mit ihren Ersparnissen umgehen und nur eine kleine Mahlzeit pro Tag zu sich nehmen, haben sie vielleicht noch genug Essen für zwei weitere Monate.
Die irische Hilfsorganisation Concern Worldwide erklärte, dass bis August für diese Familie und zehntausende andere KleinbäuerInnen im südlichen Malawi die Nahrungsmittel ausgehen werden, und zwar ohne Aussicht auf eine weitere Ernte für sieben Monate. «Ich habe Angst, dass meine Kinder verhungern werden. Ich weiss nicht, was wir machen sollen», sagt Lilian Witimani.
Viele Länder erleben momentan eine der schlimmsten Hungerkrisen der letzten 25 Jahren. Durch den stärksten El Niño seit 1982 haben Dürren und Hitzewellen grosse Teile Indiens, Lateinamerikas und Südostasiens heimgesucht. Doch am verheerendsten sind die Auswirkungen des globalen Wetterphänomens El Niño im südlichen Afrika.
Südafrika muss importieren
Die Vereinten Nationen (UN) sind durch das Ausmass der Krise beunruhigt. Es werden augenblicklich mehr als 650 Millionen Dollar und 7,9 Millionen Tonnen Essen benötigt, sagen die UN. Die Dürre hat die Nahrungsmittelproduktion zerstört, die Wasserversorgung unterbunden und die Preise in die Höhe schiessen lassen, so dass 31 Millionen Menschen sofort Unterstützung benötigen und nochmals 20 Millionen bis Ende Jahr dazukommen werden.
Malawi, Mosambik, Lesotho, Simbabwe, Namibia, Madagaskar, Angola und Swasiland haben bereits den nationalen Notstand ausgerufen, ebenso sieben der neun Provinzen Südafrikas. Weitere Länder wie Botswana und die Demokratische Republik Kongo sind ebenfalls stark betroffen.
Die malawischen PolitikerInnen reden darüber, dass sie auf dem Weltmarkt Millionen von Tonnen Mais einkaufen wollen. Aber Coco Ushiyama, die Leiterin des UN-Hilfsprogramms in Malawi hat Zweifel, woher die Nahrungsmittel kommen sollen. Normalerweise gibt es in der Region genügend Nahrungsmittel, aber Südafrika, der Hauptexporteur, muss dieses Jahr selber 3,5 Millionen Tonnen importieren. Nur Sambia hätte genug Lebensmittel für den Export, aber es hat Einschränkung eingeführt, sagt sie. «Wenn wir Nahrungsmittel von ausserhalb des Kontinents importieren, wird es sechs Monate dauern, bis sie uns erreichen», erklärt Ushiyama. Die afrikanischen Länder haben Hilfe im Umfang von 1,5 Milliarden Dollar von den UN beantragt. Bisher sind weniger als ein Viertel davon zugesagt worden. Ushiyama meint aber: «Hilfe allein genügt nicht: Es braucht einen langfristigen Ansatz, um die Selbstständigkeit der Menschen aufzubauen.»