Jochi Weil. 14 kurdische Männer* und Frauen* befinden sich seit Dezember 2018 in Strassburg im Hungerstreik, sie sind abgemagert und schwach. Eine Delegation des schweizerischen Komitees Brückenschlag Zürich – Amed/Diyarbakir, Osttürkei, fuhr Ende März nach Strassburg im Elsass, um ihnen ihre Solidarität zu zeigen.
Worum geht es bei diesem Hungerstreik? Es werden damit zwei Ziele verfolgt: Zunächst steht die Solidarität mit den rund 7000 Hungerstreikenden in türkischen Gefängnissen im Vordergrund, deren Protest sich gegen die unerträglichen, isolierenden Haftbedingungen richtet. Ebenso richtet sich der Hungerstreik in Strassburg gegen die totale Isolation von Abdullah Öcalan, der auf der Insel Imrali seit über zwei Jahrzehnten festgehalten wird. Öcalan repräsentiert die Wünsche und Träume von Kurd*innen nach Autonomie und Freiheit. In Rojava verwirklichen sie sein basisdemokratisches Modell des partizipativen Lebens unter Einbezug von verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Vor allem steht die Gleichberechtigung zwischen Männern* und Frauen* im Vordergrund. So werden zum Beispiel alle wichtigen Positionen mit je einer gewählten Frau* und einem Mann* besetzt.
Muskelabbau, Herzprobleme
Unsere Delegation wurde herzlich von der Sprecherin des nationalen Komitees kurdischer Frauen* in Frankreich empfangen und über die aktuelle gesundheitliche Situation der elf Männer* und drei Frauen* informiert, die sich in Strassburg im 105. Tag ihres Streiks befanden. Abbau der Muskeln und Herzprobleme seien die Folge. Sie nehmen Flüssigkeit zu sich, Wasser mit Zucker oder Salz, Tee, Kaffee und bekommen Vitamin-B-Komplex-Tropfen zur Erhaltung ihrer Hirntätigkeit. Die meisten von ihnen schliefen gerade, als wir eintrafen. Später kamen zwei Männer*, abgemagert, schwach, um uns zu begrüssen. Nach etwa zehn Minuten verabschiedeten sie sich von uns, weil sie nicht länger sitzen konnten. Unsere Delegation zeigte sich sehr besorgt über den Gesundheitszustand dieser Menschen.
Eklatante Verletzungen von Menschenrechten
Die Hungerstreikenden erhalten viele Besuche von Kurdinnen und Türkinnen sowie von Parlamentarierinnen und Bürgermeisterinnen. Es wäre dringend nötig, dass sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg dem Hungerstreik vor Ort annehmen würde, geht es doch um Proteste gegen eklatante Verletzungen von Menschenrechten in der Türkei. In der Schweiz sind nun Solidaritätsaktionen mit all den Hungerstreikenden am Anlaufen. Es werden entsprechende kleine und grössere Transparente und Tafeln an Häusern angebracht. Die Kurd*innen fordern, dass die Regierungen Westeuropas ihre Stimmen endlich deutlich erheben und gegen das Unrecht der Regierung von Präsident Erdogan und der AKP protestieren.
Gleichentags fanden in der ganzen Türkei Regionalwahlen statt, an denen eine Delegation von drei Frauen* im Namen des gleichen Komitees als Wahlbeobachterinnen* in der Provinz Hakkari wirkten. Trotz Hindernissen und widriger Umstände errang die prokurdische Partei HDP in Hakkari rund 58 Prozent der Stimmen, was erstaunlich ist. Die AKP erzielte rund 30 Prozent.
Vorwärts-Link
https://www.vorwaerts.ch/international/gegen-isolationshaft-fuer-gleiche-rechte/