In der ostdeutschen Stadt Chemnitz kam es Ende August zu Ausschreitungen von Rechtsextremen und Neonazis. Es wurden faschistische Parolen gerufen, Hitler-Grüsse gezeigt und Migrant-Innen wurden durch die Strassen gejagt. Die rechte AfD half entscheidend mit.
In der Nacht von Samstag auf Sonntag, am 26. August, endete ein Streit zweier Gruppen mit einem Mord. Ein 35-Jähriger – der keine Verbindungen zur rechten Szene, aber selber Migrationshintergrund hatte – verstarb nach der Messerstecherei. Bevor die Identität und Herkunft der Täter bekannt gegeben wurden, mobilisierten rechtsextreme Gruppen und riefen zu einer Demonstration «gegen Invasoren» auf. Die AfD half mit und forderte ihre WählerInnenschaft dazu auf, teilzunehmen. Das Paradoxe an der Sache war, dass vor der Karl-Marx-Statue demonstriert wurde. Die Rechtsextremen und Neonazis wollten «zeigen, wem die Stadt gehört». Die brutalen Demonstrationen, die den Rechten zufolge aus «Trauer, Wut und Besorgnis» aufgrund «AusländerInnen und ihrer Gewalttätigkeit» geführt wurden, hielten über mehrere Tage an. Es wurden faschistische Parolen gerufen, Hitler-Grüsse gezeigt und MigrantInnen mit dem Tod bedroht. Der AfD-Bundestagsabgeordneter Markus Frohnmaier rief auf Twitter indirekt zur Menschenjagd auf: «Wenn der Staat die Bürger nicht mehr schützen kann, gehen die Menschen auf die Strasse und schützen sich selber. Ganz einfach! Heute ist es Bürgerpflicht, die todbringendendie (sic!) ‹Messermigration› zu stoppen!»
Mit Fusstritten attackierten Neonazis und Hooligans Menschen, die sie für MigrantInnen hielten, und jagten sie durch die Strassen. Auf im Internet kursierenden Videos ist zu sehen, wie mutmassliche AusländerInnen grundlos angegriffen wurden. Die in der Innenstadt marschierende Menge von etwa 1000 Personen skandierte «Wir sind das Volk» und «Das ist unsere Stadt». Einzelne Rufer peitschten die Pogromstimmung mit Parolen wie «Ausländer raus», «elendes Viehzeug» und «deutsch, sozial und national» an. Diese Gruppe, die zu Hass, Gewalt und Tod aufruft, wurde dabei von der Polizei geschützt.
Nazi-Hotspot?
Völlig offen wird nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa Rassismus und Faschismus salonfähig gemacht. Es sind die Nazis und FaschistInnen, die Angst und Schrecken einjagen und kaltblütig morden würden. Was aber stattdessen in die Schlagzeilen kommt, ist, dass der Täter ein Iraker sei, der bereits 2016 hätte abgeschoben werden können.
Es war kein Zufall, dass die Ausschreitungen in Chemnitz stattfanden: In der Stadt existiert seit Jahrzehnten eine gefestigte Neonaziszene. Chemnitz war Hotspot der «NSU»-UnterstützerInnen und ist bis heute Hochburg von «Blood and Honour», extrem rechten Hooligans und KampfsportlerInnen sowie der Kameradschaftsszene. 2017 wurden hier fast 200 rechtsmotivierte Straftaten begangen. Vor zwei Jahren gab es einen Sprengstoffanschlag auf ein linkes Kulturzentrum, und Neonazis wollten wie in Dortmund einen ganzen Stadtteil zur national befreiten Zone erklären und terrorisierten Linke und MigrantInnen.
Die rechten Ausschreitungen wurden von den DemokratInnen und AntifaschistInnen in Chemnitz nicht widerspruchslos hingenommen: Unter anderem führte das Bündnis «Chemnitz nazifrei» eine Kundgebung gegen die Hetze durch.
Seyhan, KJ Basel