Am vergangenen Wochenende fand in Caracas eine imposante Massendemonstration zur Unterstützung der Bolivarischen Revolution und gegen den US-geführten Putschversuch statt. Der Präsident Nicolás Maduro kündigte Neuwahlen im Verlaufe dieses Jahrs an. Eine militärische Aggression unter Führung der USA ist nicht auszuschliessen.
Hunderttausende Menschen haben am Samstag, 2. Februar, in Caracas mit einer Grossdemonstration an den 20. Jahrestag des Beginns der Bolivarischen Revolution erinnert und gegen den laufenden Putschversuch demonstriert. Die Avenida Bolívar im Zentrum der venezolanischen Hauptstadt war gut gefüllt, wie auch aus Luftaufnahmen im staatlichen Fernsehen zu verfolgen war. Die grossen, private Medienkonzerne vermieden es jedoch, das Menschenmeer zu zeigen und beschränkten sich auf Detailaufnahmen. Sie berichteten lieber über die Demonstration der Opposition, zu der im Osten der Stadt einige zehntausend Menschen zusammengekommen waren.
Den Frieden verteidigen
In seiner Ansprache vor den versammelten Chavistas richtete Venezuelas Präsident Nicolás Maduro einen Aufruf an seine GegnerInnen, den «Weg des Interventionismus» zu verlassen. Angesichts der immer deutlicheren Drohungen aus den USA und Kolumbien, die Souveränität des südamerikanischen Landes zu verletzen, forderte der Staatschef die Opposition auf: «Tut einen Schritt nach vorne, hört auf, nach Krieg zu schreien, hört auf, einen bereits gescheiterten Putsch zu unterstützen!»
Maduro sprach sich für vorgezogene Parlamentswahlen noch in diesem Jahr aus. Regulär würde die von der Opposition beherrschte Nationalversammlung erst Ende 2020 neu gewählt, doch die seit 2017 arbeitende Verfassunggebende Versammlung hätte die Befugnis, das reguläre Parlament vorzeitig aufzulösen. Bereits seit 2016 werden die Entscheidungen der Abgeordneten von den anderen Staatsgewalten Venezuelas nicht mehr anerkannt. Hintergrund ist, dass das Parlament mehrere Urteile des Obersten Gerichtshofs ignorierte, woraufhin die Richter alle Beschlüsse der Legislative für null und nichtig erklärten.
Auffällig bei der Kundgebung war die Präsenz von vielen Angehörigen der Bolivarischen Miliz in Uniform. Diese von Chávez gegründete und inzwischen zwei Millionen Freiwillige zählende Struktur ist unter anderem in den Betrieben organisiert. Maduro rief die Milizionäre nun auf, sich als Berufssoldaten der Armee anzuschliessen: «Wenn wir Frieden wollen, müssen wir uns darauf vorbereiten, ihn zu verteidigen!»
Schwer vorauszusagen
Die Nervosität nahm in Venezuela am Wochenende weiter zu, in den »sozialen Medien« kursierten Gerüchte über eine unmittelbar bevorstehende Intervention von US-Truppen. Kolumbiens Präsident Iván Duque hatte die Spekulationen bereits am Freitag (Ortszeit) angeheizt, indem er einen Sturz der »Diktatur in Venezuela »in den nächsten Stunden« prognostizierte. Seinen Angaben zufolge soll die Grenzstadt Cúcuta eines der Logistikzentren für die von der US-Administration vorbereitete «humanitäre Hilfe» werden. Ein Vorteil für die Aggression wäre, dass auf der venezolanischen Seite der Grenze der Bundesstaat Táchira liegt, der von der Opposition regiert wird.
Wie aus Washington verlautete, sollen weitere Zentren in Brasilien und auf einer namentlich nicht genannten Karibikinsel eingerichtet werden. Washington beruft sich dabei auf ein Hilfeersuch des Putschisten Juan Guaidó, der von der US-Administration als «Präsident Venezuelas» anerkannt wurde. Da die Einmischung der Vereinigten Staaten durch die rechtmässige Regierung jedoch abgelehnt wird, würde der Grenzübertritt von US-Truppen eine völkerrechtswidrige Aggression bedeuten, auf die Venezuelas Streitkräfte reagieren müssten. Offenbar spekuliert man in Washington und Bogotá aber darauf, dass es bei einem Einmarsch in Venezuela keinen ernsthaften Widerstand durch die Armee geben werde, sondern sich die Soldaten massenhaft ergeben und zu Guaidó überlaufen würden. Tatsächlich sind die Reaktionen sowohl der Uniformierten als auch der Zivilbevölkerung schwer vorherzusagen.
USA heizen weiter an
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) warnte bereits davor, Hilfsgüter ohne Zustimmung der Regierung ins Land bringen zu wollen. Die IKRK-Vertreterin in den USA und Kanada, Alexandra Boivin, sagte der Nachrichtenagentur AP, die Organisation habe die Regierung von Donald Trump bereits informiert, dass das Rote Kreuz «in einem solchen Umfeld nur sehr begrenzt operieren» könnte.
Der Nationale Sicherheitsberater der USA, John Bolton, heizte die Lage weiter an, indem er Maduro drohte, dass er im Gefangenenlager Guantanamo inhaftiert werden könnte, wenn er sich nicht rechtzeitig zurückziehe. Offenkundig mit Blick auf eine Erklärung des venezolanischen Luftwaffengenerals Francisco Estéban Yánez Rodríguez, der sich am Sonnabend hinter Guaidó gestellt hatte, rief Bolton auch das Oberkommando der venezolanischen Streitkräfte auf, sich dem Staatsstreich anzuschliessen und «die Verfassung und Demokratie zu verteidigen». Bei der Kundgebung der Opposition im Osten von Caracas, zu der mehrere zehntausend Menschen gekommen waren, erklärte Guaidó, dass man keine Angst vor einem Bürgerkrieg habe. Auf der Leinwand hinter ihm wurden das Sternenbanner und die Fahne Israels eingeblendet, ebenso jenen der weiteren Staaten, die den Putschisten als «Präsident» anerkannt haben.
Der Artikel erschien in der venezolanischen Tageszeitung Ultimas Noticias vom Sonntag, 3. Februar 2019.
Übersetzung: redglobe.de