Ueli Gähler / Multiwatch. Die Schweiz gilt mit ihren glitzernden Bergseen gerne als Wasserschloss Europas. Dabei sind Schweizer Multis Weltmeister in der Wasserprivatisierung und -Vergiftung, etwa mit Atrazine, und verkaufen gleich auch noch die passenden Medikamente. Nirgends zeigt sich das so deutlich wie in Brasilien.
Zwischen der industriellen Landwirtschaft, der Agrochemie-Industrie und der Pharma-Industrie gibt es, so die indische Ökofeministin Vandana Shiva, ein richtiges Giftkartell. Die Pharma-Industrie verkauft Medikamente gegen die von der Fast-Food- und Pestizidwirtschaft verursachten Krankheiten. Agrochemie und Pharma haben eine gemeinsame Herkunft, weiss Vandana Shiva. Und die liegt am Rheinknie. Einen grossen Anteil an diesem Kartell haben die Basler Konzerne Novartis und Syngenta.
Giftiges Wasser für die Armen
Dem Kartell gehört aber auch noch ein anderer Schweizer Grosskonzern mit Hauptsitz in Vevey an. Nestlé setzt zunehmend auf die Karte der Wasserprivatisierung. Nestlé verkauft dort Flaschenwasser, wo die bessergestellten Mittelschichten kein Vertrauen in das öffentliche Trinkwasser haben. Je schlechter die Qualität des öffentlichen Trinkwassers, desto grösser die Motivation, das Wasser von Nestlé zu kaufen. Das vergiftete Wasser wird dann jenen überlassen, die sich die Wasserflaschen nicht leisten können.
Syngenta, Novartis und Nestlé schaffen so wundervolle Synergien, die die zukünftigen Profite ihrer Aktionäre sichern sollen. Nirgends zeigt sich das so deutlich wie in Brasilien. Brasilien ist mit seinen Soja-, Mais- und Zuckerrohr-Plantagen das Paradies der monokulturellen industriellen Landwirtschaft. Die industrielle Landwirtschaft verbraucht weltweit nicht nur 70 Prozent des knappen weltweiten Trinkwassers, sie trägt zudem auch am stärksten zu dessen Vergiftung bei. Die Situation ist in jenen Landwirtschaftsgebieten am dramatischsten, in denen der Regen die Pestizide aus den Soja-Feldern in die Bäche und das Grundwasser spülen.
Syngentas Atrazine in Brasiliens Trinkwasser
Die Brasilianerinnen und Brasilianer wissen nicht, wie stark ihr Trinkwasser von Pestiziden belastet ist. Von den 306 in Brasilien registrierten Pestizid-Substanzen werden nur 27 im Grund- und Oberflächenwasser überwacht. Auch diese staatliche Überwachung ist nicht systematisch. Die Mehrheit der Lokalregierungen antworten nicht einmal auf die Anfragen der staatlichen Gesundheitsbehörden.
Das am häufigsten im Trinkwasser gefundene Gift ist Koffein. Das zweithäufigste ist Syngentas Herbizid Atrazine. Atrazine steht seit Jahrzehnten unter Verdacht, in einem Zusammenhang mit Fehlgeburten zu stehen. Der kalifornische Biologe Tyrone Hayes hatte sich 2002 die Feindschaft von Syngenta redlich verdient, als er an der Universität Berkeley nachwies, dass Atrazine im Wasser zur Kastration oder Geschlechtsumwandlung männlicher Frösche führen kann. Atrazine ist heute weder in der EU noch in der Schweiz zugelassen. Viele Bewegungen in den USA fordern das Verbot des Pestizids, um das seit zwanzig Jahren vor amerikanischen Gerichten gekämpft wird.
March against Bayer & Syngenta!
Seit Januar 2019 hat sich die Situation für die betroffenen Anwohner*innen in den Soja-Gebieten des Matto Grosso massiv verschlechtert. Die rechtsextreme Regierung Bolsonaro ist mit der Hilfe der brasilianischen Grossgrundbesitzer an die Macht gekommen. Die heutige Landwirtschaftsministerin Tereza Christina wurde 2017 von Syngenta mit Hilfe der Schweizer Botschaft in die Schweiz eingeladen. Der diesjährige «March against Bayer und Syngenta» vom 18. Mai 2019 hat sich deshalb die Solidarität mit den sozialen Bewegungen und Pestizid-Opfern* in Brasilien auf die Fahnen geschrieben. Statt die Interessen des Schweizer Giftkartells in Brasilien zu verteidigen, soll die Schweizer Diplomatie das Menschenrecht auf Zugang zu gesundem Wasser schützen – auch gegen die Agrochemie.
Die KJS war an der Demo selbstverständlich, an vorderster Front mit dabei.
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