sah. Der politische Aktivismus im Frauen*streikjahr bringt auch Repression gegen die Bewegung, wie unter anderem die Kündigung zweier Mitarbeiterinnen in Basel und die Vorladungen der Staatsanwalt in Zürich beweisen. Es zeigt sich aber auch wieder, dass Solidarität Stärke entwickelt.
Aus Anlass des zehnjährigen Jubiläums der Verankerung des Gleichberechtigungsartikels hatte unter anderem der Schweizerische Gewerkschaftsbund zum Protest gegen die zögerliche Umsetzung des Verfassungsartikels und gegen die anhaltende Ungleichheiten in zahlreichen Bereichen von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik aufgerufen. Am 14.Juni 1991 nahmen Hunderttausende von Frauen in der ganzen Schweiz an Protest- und Streikaktion teil, um eine totale Umsetzung des Gleichstellungsartikels zu fordern, der seit 1981 in der Verfassung steht. 1991 wurde so eine der bisher grössten Streikaktionen in der Schweizer Geschichte.
Rückzieher dank Solidarität
Fast dreissig Jahre nach dem ersten wurde im Rahmen eines Frauen*streikjahres ein zweiter Streik organisiert. Auch hier war der Missstand da, dass einerseits der Verfassungsartikel beispielsweise bezüglich Lohn in einigen Betrieben nicht umgesetzt und sanktionslos blieb und andererseits der Protest dagegen kriminalisiert wurde.
Ein Beispiel von Repression im Frauen*streikjahr sind die Kündigungen zweier Mitarbeiter*innen im Basler Kunstmuseum. Nicht wie viele andere Aktivist*innen, die entweder am Streiktag frei genommen oder «Glück» hatten, dass ihr Betrieb ihnen einen Freiraum gab oder sich sogar bei Aktionen beteiligt hatte, blieben zwei Aktivist*innen im Kunstmuseum im klassischen Sinn des Streikes der Arbeit fern. Nachdem die Kündigungen aufgrund der Teilnahme am Frauen*streik bekannt wurden, organisierten solidarische Frauen* eine Spontankundgebung vor dem Kunstmuseum. Später lancierten Frauen* eine Petition, die in kürzester Zeit 3600 Unterschriften erzielte. So unter Druck geraten, nahm das Museum die Kündigung wieder zurück. Dass es überhaupt zu Kündigungen kam, zeigte, dass Repression gegen Frauen*, die aktiv für ihre Rechte eintreten, Tatsache ist. Aus diesem Fall gelernt, hat das Frauen*streik-Komitee Basel aufgerufen, künftig Drohungen, Anfeindungen, Gewalt oder andere Formen der Repression bei ihnen zu melden.
Wegen Stadtverschönerung…
Auch das Frauen*streikkollektiv in Zürich kämpft aktiv gegen Repression. Am 21.August mussten Akti-vist*innen vor die Staatsanwaltschaft. Anklagepunkt: Ehrverletzung/Beschimpfung. Wie schnell es gehen kann und man bei der Teilnahme einer Aktion Repression erfährt, sieht man bei diesem Beispiel der Zürcher Aktivist*innen, die im April 2019 Statuen in der ganzen Stadt Zürich verschönert haben. In ihrer Medienmitteilung «Zürcher Frauen*streikkollektiv zur Stadtverschönerung» schreiben sie: «Heut Morgen früh sind die Statuen dieser Stadt aus ihrer Starre erwacht. Sie können und wollen dem patriarchalen Geschehen in diesem Land nicht mehr weiter zusehen. Sie solidarisieren sich allesamt mit den Forderungen des feministischen Streiks und verweigern ab sofort die ihnen zugewiesene, in Blei gegossene, in Stein gemeisselte Rolle.» So trugen Statuen auf ihren Sockel an diesem Morgen im April Pussy-Riot-Mützen, violette Schleifen oder kleine Transparente mit Infos.
… gestoppt und eingekesselt
So wiesen die «Verschönerungen» darauf hin, dass auch in der Schweiz tagtäglich Frauen zu Objekten degradiert und sexistisch angemacht werden, dass auch hierzulande Frauen* ermordet werden, weil sie Frauen* sind, dass Vergewaltigung in der Ehe in der Schweiz erst seit wenigen Jahren strafbar ist und dass nach wie vor nur ein Bruchteil der Fälle sexueller Belästigung (ob am Arbeitsplatz oder in der Familie) bis hin zu Vergewaltigung strafrechtlich verfolgt wird. Alle Statuen riefen: «Ni una menos! Unsere Körper gehören uns!»
Bei einer dieser Statue am Zürichsee wurden Aktivist*innen von einer Polizeipatrouille gestoppt und von mehreren Polizist*innen eingekesselt. Wegen «Unfug» mussten sich die Aktivist*innen ausweisen, denn die Polizei liess – im Sinne von «Pflicht ist Pflicht» – nicht mit sich reden. Weil sich die Feminist*innen weigerten, ihr Werk kaputt zu machen, zog ein Polizist ein Sackmesser, riss und schnitt alles von der Statue herunter und zerstörte die ganze Aktion. Darauf kritisierte eine der Aktivist*innen das sexistische Verhalten der Polizei. Die Polizei versucht nun den Spiess umzudrehen und daraus eine Ehrverletzung/Beschimpfung zu machen. «Wir scheissen sowieso auf Ehre. Es geht um unsere Würde», so die Aktivist*innen.
Die Mitglieder des Kollektivs denken nun darüber nach, eine AG Repression zu gründen: Eine Busse für eine, ist eine Busse an alle! Solidarität ist eine Waffe.