Am Montag, 30. Juli 2019, verlor ein achtjähriger Junge in Frankfurt sein Leben, weil er vor einen einfahrenden Zug gestossen worden ist. Wir sprechen der Mutter und den Angehörigen des Opfers dieser abscheulichen Tat unser tiefstes Beileid aus.
Ganz klar verurteilen wir aber auch die Versuche von Instrumentalisierung dieser Tat für rassistische Propaganda und für Forderungen nach Repression gegen alle Eritreeri*nnen. Wir schliessen und damit der Medienmitteilung des Eritreerischen Medienbundes an. Dazu zählt die Medienmitteilung der SVP des Kantons Zürchs: «Die Zürcher SVP kritisiert seit jeher die lasche Asylpolitik gegenüber Eritreern. Diese abscheuliche Tat zeigt einmal mehr auf, dass es sich bei solchen Personen um nichtintegrierbare Gewalttäter handelt, die in der Schweiz nichts verloren haben.»
Die Tat eines Einzelnen einer ganzen Volksgruppe verantwortlich zu machen, und dies zu nutzen, um Repression nicht nur gegen den Täter, sondern gegen alle Migrant*innen zu fordern, hat einen Namen: Rassismus. Die Formulierung, dass es sich «bei solchen Personen um nichtintegrierbare Gewalttäter handelt», wurde bewusst so gewählt, dass damit alle Eritreer gemeint sein können. Dies stellt eine systematische Herabsetzung einer ganzen Volksgruppe dar.
Wir, Linke PoC [1], haben deshalb Strafanzeige wegen Rassendiskriminierung nach Art. 261bis des Schweizerischen Strafgesetzbuches bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt (nach Stand des Servers) eingereicht, und gehen davon aus, dass es zu einer Verurteilung kommen wird. Wir wollen aber betonen, dass wir Strafanzeigen nicht als Lösung des Rassismus-Problems betrachten, welches tief in der Gesellschaft wurzelt; Behörden sind darin in der Regel Akteure von strukturellem Rassismus. Mit strukturellem Rassismus meinen wir die gesellschaftliche Benachteiligung von Ausländer*innen, besonders nicht-weissen Ausländer*innen, welche sich insbesondere in impliziten Vorurteilen, Racial Profiling, diskriminierender Rechtsetzung, und wirtschaftlichen Hürden äussert Die rassistischen Aussagen der rechts-nationalistischen Zürcher SVP ist nur ein Ausdruck deren langandauernden rassistischen Politik, welche auf Diskriminierung, rechtliche Schlechterstellung und Chauvinismus gegen Ausländer*innen und People of Colour aufbaut. Wir wollen aber betonen, dass Rassismus nicht nur ein Problem von politischen Akteuren am rechten Rand ist, sondern eines, welche die gesamte Gesellschaft betrifft, und nur auf gesellschaftlicher Ebene gelöst werden. Beispiele für unser Engagement sind unsere Beteiligungen an der Anti-KKK-Demo in Schwyz am 13. April dieses Jahres, am Frauenstreik-Block des 1. Mai in Zürich oder am Frauenstreik am 14. Juni 2019. Und wir fordern dazu auf, immer dort zu intervenieren – sei es auf der Strasse, auf der Arbeit oder zuhause –, wo rassistisches Verhalten spürbar oder sichtbar ist.
Linke PoC, 31. Juli 2019
[1] Wir sind eine Gruppe von linken People-of-Color aus der ganzen Schweiz mit Sitz in Zürich. Wir wollen uns selbst organisieren und und selbst für unsere Rechte einsetzen. Wir sind insbesondere Afrikaner*innen, Asiat*innen, Latinxs , Menschen mit jüdischen, muslimischen Wurzeln und/oder Menschen mit Wurzeln aus dem Nahen Osten. Unser Ziel ist es, uns gegen Rassismus einzusetzen, Strategien gegen Diskriminierung festzusetzen – auch da, wo sie im Alltag vorkommt –, Vorurteile untereinander zu überwinden und uns mit Kämpfen anderer Minderheiten zu solidarisieren.