Geschlossene Häfen gegen den Krieg, offen Häfen für Migrant*innen: Die klare Botschaft der Streikenden.
Georg Polikeit. Im nordwestitalienischen Hafen Genua haben Hafenarbeiter*innen Mitte Juni zum zweiten Mal per Streik verhindert, dass ein Schiff für Saudi-Arabien mit Kriegsgerät für den Krieg im Jemen beladen wurde. Der Hafen von
Genua hat eine lange Tradition im Kampf gegen den Krieg.
Die Docker weigerten sich mit Unterstützung der Gewerkschaft CGIL am 19. Juni erneut, das Schiff namens «Bahri Jazan» mit der tödlichen Fracht zu beladen. Sie blockierten die Laderampe, kontrollierten den Beladevorgang und liessen nur Produkte zu zweifelsfrei zivilen Zwecken durch. Unterstützung bekamen sie dabei von der im Hafen von Genua tätigen Gewerkschaftsgruppe des Allgemeinen Italienischen Gewerkschaftsbundes CGIL sowie von linken Basisgruppen wie «Potero al Popolo» (PaP – Die Macht dem Volk) und lokalen antifaschistischen und Friedensgruppen. Die Streikenden blockierten das Schiff so lange, bis sich die Transportfirma schliesslich entschloss, es ohne die vorgesehene Fracht für militärische Zwecke auslaufen zu lassen.
Spaltungsversuch gescheitert
Einen Monat vorher, am 20.Mai, hatte es schon einen ähnlichen Vorfall gegeben. Da wurde das saudische Schwesterschiff namens «Bahri Yanbu» in gleicher Weise blockiert und zum Auslaufen ohne die vorgesehene Ladung gezwungen. Hier hatte es sich neben Teilen von Drohnen unter anderem um Generatoren gehandelt, die sowohl für zivile als auch für Kriegszwecke benutzt werden können, bei denen die Streikenden aber keinen Zweifel hatten, dass sie für das saudische Militär im Jemen-Krieg bestimmt waren. Der Regionalpräsident der Region Ligurien, Giovanni Toti, versuchte, die Hafenarbeiter*innen unter Druck zu setzen und zum Einlenken zu bewegen: Er behauptete, das Nichtbeladen von Schiffen mit Gerät, das für militärische Zwecke verwendet werden könnte, werde schwerwiegende Folgen für die Arbeitsplätze in der Region haben, da in der Umgebung von Genua ansässige Firmen die fraglichen Frachtgüter teilweise herstellen. Damit sollten die Beschäftigten dieser Unternehmen gegen die Streikenden aufgebracht und die Arbeiterschaft gespalten werden.
Die am Streik beteiligten Docker*innen und ihre Gewerkschaft sowie die sie unterstützenden Gruppen erklärten jedoch, dass sie den Handel mit Waffen und Kriegsgerät für Saudi-Arabien entschieden verurteile. Es handle sich dabei um ein Land, in dem noch immer die Todesstrafe gilt, Folter und Unterdrückung von religiösen und politischen Minderheiten praktiziert wird und das seit vier Jahren führend an dem grausamen Krieg im Jemen beteiligt ist, den die UNO als die derzeit «schlimmste Katastrophe in der Welt» bezeichnet hat. In einer Erklärung wurde an Italiens Aussenminister Enzo Moavero Milanesi und an Verteidigungsministerin Elisabetta Trenta appelliert, den Waffenverkauf an Saudi-Arabien einzustellen. Die italienische Regierung wurde aufgefordert, die italienischen Häfen für Waffen und Kriegsmaterial nach Saudi-Arabien zu schliessen, sie aber stattdessen für Flüchtlinge und Flüchtlingsschiffe zu öffnen.
Solidarität nötig
Nach der erfolgreichen Aktion wurde unter den Beteiligten allerdings auch diskutiert, dass die Exportfirma jetzt vermutlich versuchen wird, das Kriegsgerät über den Landweg in einen anderen Hafen umzuleiten, um es von dort aus zu verschiffen. Betont wurde, dass es deshalb jetzt besonders darauf ankommen, die Solidarität unter den Hafenarbeiter*innen der verschiedenen Häfen zu verstärken, sowohl mit den anderen italienischen als auch mit anderen europäischen Häfen, um die Lieferung von Kriegsmaterial nach Saudi-Arabien tatsächlich definitiv zu unterbinden.
Genua hat, wie Teilnehmer*innen an der Aktion in Erinnerung brachten, «eine lange Geschichte der Solidarität». Im Hafen von Genua waren einst die ersten US-Schiffe blockiert worden, die zum Einsatz in Vietnam auslaufen sollten. Ebenso verhinderten Hafenarbeiter*innen der ligurischen Hauptstadt das Beladen von Schiffen mit Kriegsmaterial, die nach dem faschistischen Putsch nach Chile fahren sollten. Es war jetzt jedoch wieder zum ersten Mal seit 16 Jahren, seit dem Streik im Jahr 2003 gegen den Irak-Krieg, dass jetzt eine solche Kampfform angewendet wurde, um Widerstand gegen Aktivitäten im Rahmen eines Krieges zu leisten.
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