Die Sonne spielte „versteckis“ mit uns am 1. Mai in Paris. Jedoch war es angenehm warm, nicht nur durch die äussere Temperatur sondern durch die immer besser werdende Stimmung in uns. Das Durcheinander von Musik und das brüllen der Forderungen die durch die Lautsprecher hinausströmten, liessen darauf hindeuten, dass der Tag der Arbeit nicht nur eine simple Demo werden sollte, sondern wie jedes Jahr ein Fest! Paris hat in der Geschichte der Kommunisten eine grosse Rolle gespielt. Zwei Begriffe sind jedoch bedeutend: die Pariser Kommune und Mai 68. Sie sind eng mit „Revolte“ verknüpft, was zum Teil auch die Stimmung an diesem Tag prägte. An der Demo nahmen zwischen 15‘000 und 30‘000 Personen teil, was vielleicht für einmal auf das einheitliche Auftreten der Gewerkschaften zurückzuführen ist.
Die Forderungen
Die „Stars“ der Demo waren sicherlich die MigrantInnen. Seit wenigen Wochen haben MigrantInnen aus dem Gastgewerbe einen Streik begonnen weil sie zwischen acht bis fünfzehn Jahren in Frankreich hart arbeiten aber immer noch „sans-papiers“ sind. Es sind etwa 1000 die regularisiert werden sollen. Die Antwort der Neokonservativen und pseudoprogressiven Sarkozy – Regierung ist wie zu erwarten abwertend für die harte Arbeit, die unsere GenossInnen im Gastgewerbe tätigen: „au cas par cas“ oder auf Deutsch: Regularisierung nach Gutwillen des Republikanischen Königs. Mit Fahnen der Gewerkschaft CGT marschierten sie auf die Strasse, manchmal singend und tanzend auf afrikanischer Hintergrundmusik.
Sarkozy, der von harter Arbeit, nur das Wort kennt, will die Jahresbeiträge für die Rente von 37,5 auf 41 jahre aufsetzen und so die ArbeiterInnen zur Kasse bitten. Für die andere Seite der Barrikade will verspricht er Steuersenkungen um, so heisst es, Arbeit zu schaffen!
Dazu kamen an der Demo natürlich generell Forderungen für Lohnerhöhungen in allen Bereichen.
Tag der Arbeit – Sprachrohr für zivilen Widerstand
Der Tag der Arbeit ist heute nicht nur für die Arbeiterschaft da. Er dient als Sprachrohr für die verschiedensten Teile der Bevölkerung, die ihr Kampf auf allen Ebene durchsetzen müssen. So waren die HIVpositiven durch die Organisation „actup“ vertreten. Sie berichteten vor der Diskriminierung, die die HIV positiven erleiden müssen. Weniger mit Arbeit zu tun, viel mehr, mit Waffengewalt und Freiheitskämpfe, warben die Basken und die Tamilen für ihr Anliegen. Zu guter letzt brachten ein paar im „alternativ“ Outfit Demo nstranten Kampfstimmung gegen genmodifizierte Organismen.
So stellt sich die Frage: Soll der Tag der Arbeit seine Seele, also seine Daseinsberechtigung, teilen mit anderen Kämpfen um sich selber eine glänzende Zukunft zu sichern? Meine Antwort geht in diese Richtung!
Linke Parteilandschaft Frankreichs – „salade niçoise“
Als ich im Demonstrationszug war, bekam ich so viele Flugblätter, dass meine Hosentaschen fast platzen mussten. Frankreich ist voller kleiner mehr oder weniger Kommunistischer Gruppierungen, die jeweils gegen die einen oder anderen hetzen und schimpfen und sich selber als die „wahren“ Träger der Revolution behaupten wollen. Der Kapitalismus und wir selber haben geschafft uns zu zersplittern bis zum Geht-nicht-mehr. Man ist entweder TrotzkistIn, Marxist – LeninistIn, MaoistIn oder etwas anders, dass bisher noch nicht erfunden wurde. Aber Genossinnen und Genossen! Wie sollen wir eine Revolution anfangen, wenn wir so zersplittert an die Front gehen?! Wie sollen die ArbeiterInnenmassen uns vertrauen, wenn wir am Tag der Arbeit mit den gleichen Sprüchen, mit den gleichen Forderungen um Regularisierungen, mehr Löhne und die Rechte der Arbeitenden Massen auf eine würdevolle Rente, ja sogar mit den gleichen Bannern auf die Strasse gehen und dann die restlichen 364 Tage uns in kleine Grabenkämpfe verwickeln und in der gleichen Zeit die Kapitalisten freie Bahn lassen??!!
Junge Genossinnen und Genossen; schaut über eure Differenzen weg, Macht nicht die gleichen Fehler der Alten denn nur gemeinsam werden wir den Kapitalismus überwinden. Sprecht miteinander über eure Gemeinsamkeiten und nicht über eure Unterschiede!
Aus Paris
Cyrille