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Die Abkürzung OMC ist im romanischsprachigen Raum verbreitet und bedeutet „Organisation Mondiale du Commerce“ was dem englischen WTO (World Trade Organisation) entspricht und auf Deutsch weitläufig als die Welthandelsorganisation bekannt ist. Diese Internationale Organisation hat es sich zum Ziel gemacht den Welthandel zu überwachen und ihre Regelwerke zu entwickeln. Die WTO gilt als der wichtigste und mächtigste Verfechter und Träger neoliberaler Weltwirtschaftspolitik. Sie setzt sich für subventionsfreien Wettbewerb unter den Nationen und für das Verbot von Handelsvergünstigungen für einzelne Staaten ein. Was erstaunt ist die Tatsache, dass über zwei Drittel der Mitgliedsstaaten Entwicklungsländer sind.
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Was will die WTO?
Vom 30. November bis 2. Dezember 2009 findet in Genf die Ministerkonferenz der World Trade Organisation statt. Diese Konferenz hat den Zweck Verträge abzuschliessen, welche die Landwirtschaft betreffen, darunter auch den Nahrungsmittelhandel. Während auf der Welt die Bäuerinnen und Bauern durch die Globalisierung immer mehr einem enormen Druck unterworfen werden, sinkt ihre Lebensqualität rapide. Unter dem Deckmantel diesen Menschen zu „helfen“ erschaffen sich die Mächtigsten der Welt einen weltweiten Markt, der verschwenderisch mit Ressourcen umgeht und der Unterdrückung der Schwächeren dient. Wie ist der Trend zum Grossgrundbesitzer sonst zu erklären? Der Stärkere verschlingt den Schwächeren. Was mit diesen Menschen passiert interessiert nicht. Wie sollen kleine Bauernfamilien mit den immer grösser werdenden, mechanisierten und industriellen Produzenten mithalten? Hinzu kommt die Förderung von Monokulturen, die eine „nachhaltige“ Entwicklung unterbinden.
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„Ausverkauf der Ressourcen, das kann niemand unterstützen“, rufen die Menschen auf dem Place de Neuve. Die Stimmung ist gut, trotz den aufwändigen Kontrollen am Bahnhof, von denen auch meine Person betroffen ist: Personalien angeben, ID fotografieren lassen und schliesslich selber zum Fotoshooting antraben. Ich werde auf einem eigens mir zugedachten Blatt, das den Titel „fiché de control“ trägt, vermerkt. Es werden Kreuzchen gemacht, auf die auf keinerlei Weise eingegangen wird. Bis ich aus der Kontrolle rauskomme sind gut 30 Minuten vergangen. Auf dem Weg zum besagten Versammlungsplatz begegne ich unzähligen Polizisten in Kampfmontur, die auch an der Einkaufsmeile ihre Kontrollen durchführen. Es stellt sich hier die Frage wieso es keine Polizeikontrolle in der näheren Umgebung des eigentlichen Treffpunkts der Demo gab und warum sie nicht einschritten als vermummte Chaoten gezielt mit Hämmern aus der Menge heraus alles um sich kaputt schlugen – von Banken über dutzende Autos, Hotels, Bijouterien und einem gut besuchtem Starbucks. Plötzlich war von der Polizei, die gerade eben noch an den Seiten des Umzugs (der Richtung WTO-Gebäude ging) das Geschehen mitverfolgte nicht mehr viel zu sehen oder sie sahen ohne einzuschreiten zu. Die friedlichen Demonstranten (darunter auch ältere Menschen, Kinder und neuhinzugekommene Sympathisanten und Passanten) distanzierten sich vehement von den Chaoten, die die Protestaktion soweit brachten, dass sie unterbrechen werden musste. Parolen wie „keine Zerstörung. Stopp“, brachten nichts.
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Wasserwerfer, Tränengas, was macht die Polizei?
Nachdem sich die Kundgebung aufgelöst hatte, zeigte sich die Polizei mit starkem Geschütz. Das sie Wasserwerfer und Tränengas einsetzten ist eine Sache, dass sie diese in Strassen einsetzten, die belebt waren durch Passanten und unschuldige sich in kleinste Grüppchen aufgesplitterte Demonstranten, war Nebensache. Nervensache dagegen war für die Bevölkerung das Bild das sich ihnen darbot. Polizeisirenen, das laute dröhnen von Polizeimotorrädern, die ihr Blaulicht immer dann einschalteten, wenn die Strassen nicht gerade frei waren. Bedrohlich und stark sahen sie aus, ausgerüstet mit Helmen und Tränengasgewehren. Es entstand ein Bild von einer Stadt, die zu einer beliebigen von Krisen erschütternden Region reingepasst hätte aber bestimmt nicht zu Genf. Menschen rannten bei jedem Knall verwirrt und ängstlich durch die Strassen auf der Suche nach Schutz. Schnell war klar nach welchem Prinzip die Polizei vorging: schliesslich heiligt der Zweck bekanntlich die Mittel. Gelehrt hat uns auch die Erfahrung (aktuellstes Beispiel ist die Minarett-Initiative), dass sobald Emotionen im Spiel sind Sendepause für die rationale Vernunft gilt.
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Wo versteckt sich die Gefahr?
Dort, wo Zweifel ihre Nahrung finden. Wieso wurde keine grössere Berichterstattung über die aktuelle WTO-Konferenz gemacht? Alles was in der Medienlandschaft ausdiskutiert wird, beinhaltet Interessenpolitik. Wer das nötige Geld hat, kann sich Sponsoring leisten und somit auch die eigennützliche Berichterstattung. Wer für die Wahrheit einsteht sieht in der heutigen Zeit ziemlich alt aus. Während also Emotionen gestärkt werden (Niveau der Gratiszeitungen) Bauch und Laune neu die Entscheidungen formen, merkt der ehemals vernunftgesteuerte Mensch nicht, wie er das Opfer von Angst einflössenden Medien wird, die nur noch dem Zweck dienen ihr Blatt mit allen Mitteln abzusetzen. Manipulation, Einschränkung der Informationstransparenz und Selbstzensur sind nur einige Folgen, mit welchen wir heute schon zu kämpfen haben und in naher Zukunft noch viel stärker. Doch selbst der Staat verliert seine Glaubwürdigkeit, wenn er unschuldige Menschen fichiert und gleichzeitig über hundert Menschen an einer friedlichen Demonstration mit Eispickeln und Hammer auflaufen lässt. Es wird zugelassen, dass kein Wort über die brennende Thematik der WTO-Konferenz verloren wird und wenn doch, dann sind es Wirtschaftsjournalisten, die von Chancen sprechen, die nicht Entwicklungsländern dienen sondern allein Aktionären und Grossproduzenten, die neue Märkte erschliessen wollen um ihr Kapital zu vervielfachen. Oder es wird von brennenden Autos berichtet. Es kann auch nicht sein, dass Vater Staat bei der Aufklärung über eine Grippe so viele Zweifel schürt und durch Fehlmeldungen ungeheuerliche Ängste provoziert, die niemand anderem helfen ausser den Pharmaindustrien. Aber es ist auch nicht allzu viel verlangt den rationalen Verstand einzuschalten, wenn es darum geht sich eine Meinung über Themen zu bilden. Oder etwa doch?
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