Zu Beginn des neuen Lehrjahres zeigt sich ein unbefriedigendes Bild: Viele Lehrstellen bleiben unbesetzt, offenbar weil die Arbeitsbedingungen Jugendliche abschrecken. Gleichzeitig bieten gewisse Branchen viel zu wenige Lehrstellen an und verschärften den Fachkräftemangel. Besorgniserregend ist zudem die Zunahme von Vorlehrpraktika. Die Unia Jugend fordert Massnahmen für eine verstärkte Aufsicht.
Laut dem Lehrstellenbarometer des Bundes waren im April noch über 20‘000 Jugendliche auf Lehrstellensuche. Zugleich konnten rund 16‘500 offene Lehrstellen bis dahin nicht besetzt werden. Der Befund zeigt zweierlei: Offenbar sind die Bedingungen für Berufslehren und die damit verbundenen Perspektiven oft so, dass sie Jugendliche eher abschrecken als anziehen. Dies gilt besonders für den Bau, den Dienstleistungssektor und den Verkauf, wo über 40 Prozent der Lehrstellen noch unbesetzt waren. Andererseits werden in beliebten Branchen, etwa im Gesundheits- und Sozialwesen, zu wenige Lehrstellen angeboten. Dies verstärkt den ohnehin bestehenden Fachkräftemangel.
Ordentliche Lehre statt Vorlehrpraktika
Gleichzeitig stellt die Unia Jugend – gerade im Gesundheits- und Sozialbereich – eine immer stärkere Verbreitung von Vorlehrpraktika fest. Dabei werden Schulabgänger/innen vor der Lehre als Praktikant/innen angestellt; manchmal konkurrieren gar mehrere Praktikant/innen um eine Lehrstelle. Die Behörden begegnen dem Phänomen mit Desinteresse: Da Praktika im Gegensatz zu Lehrstellen keiner Meldepflicht unterliegen, gibt es dazu keine offiziellen Zahlen. Der Verdacht liegt jedoch nahe, dass zunehmend Praktikant/innen statt Lernende angestellt werden, um Kosten zu sparen. Die Unia Jugend fordert die Arbeitgeber auf, jungen Berufsleuten eine ordentliche Lehre statt prekärer Praktika anzubieten. Bund und Kantone müssen zudem aktiv werden, um den wuchernden Vorlehrpraktika einen Riegel zu schieben und gleichzeitig die Lehrstellenaufsicht zu verbessern.