Während die vom Ölpreis abhängige Wirtschaft Venezuelas am Boden liegt, nutzen es die oligarchische Opposition geschickt aus, zum Angriff auf eine fortschrittliche Regierung zu blasen. Dabei ist ihnen jedes Mittel recht. Die Mainstream-Medien hetzen, dazu gesellt sich auch die orientierungslose «Bewegung für Sozialismus». Eine Antwort der KJ.
Es wirkt sehr ironisch, wenn auf sozialismus.ch, der Seite der «Bewegung für Sozialismus» (BFS), im Artikel «Venezuela und Brasilien: Der Sozialismus des 21. Jahrhundert und seine Perversion» (von Antonio Moscato aus sozonline.de) geschrieben wird, dass die Linke so desorientiert sei wie nie zuvor (in Bezug auf Venezuela). Es ist ironisch, weil in der gegenwärtigen Situation eines Angriffs auf die Bolivarische Regierung Venezuelas – fern ab von jeglichen Fakten – mit gehetzt wird. So wird Maduro ebenfalls wie in der bürgerliches Presse als teuflischer Diktator dargestellt, der sich nur noch mit der Gewalt seiner blutrünstigen Schergen an der Macht halten kann.
Halten wir Venezuelas Regierung für fehlerfrei? Nein. Ist sie sozialistisch? Ebenfalls klar nein. Die BFS-Stellungnahme «Krise in Venezuela: Scheinheilige Opposition und rechte Restauration» von den Sektionen Zürich und Basel vom April war noch wesentlich differenzierter und solidarischer. Aber irgendwie hat sich die BFS von der Hetze anstecken lassen oder welche Gründe gab es sonst, den oben genannten Artikel zu veröffentlichen?
Hetze statt Fakten
Eine Liste darüber zuführen, wo sich dieser Artikel auf rechte Hetze, statt auf Fakten stützt, ist etwas öde. Aber da sich die Hetze quer durch den Artikel von Antonio Moscato zieht, sahen wir uns genötigt, es trotzdem zu machen.
So lag die Zahl der Toten Anfangs Juni offiziell bei 65. Antonio schreibt: «Seit anderthalb Monaten scheint Venezuela in einem Chaos zu versinken, das bereits 40 Todesopfer gefordert hat. Diejenigen, die gerne die Augen vor dem Geschehen verschliessen wollen, skandalisieren die Tatsache, dass die bürgerliche Opposition einen Toten als den ihren präsentiert hatte, obwohl er ein Unterstützer der Regierung war.» Diese Aussage wirkt so, als ob es lediglich einen Toten auf Seiten der RegierungsunterstützerInnen gegeben hätte. Damit folgt der Autor den bürgerlichen Medien ein, die immer nur über die Toten auf Seiten der Protestierenden schreiben und die Schuld unterschwellig der Regierung zuzuschieben versuchen. Welche Hintergründe die Opfer hatten, hält Antonio für gleichgültig. Für uns ist es das nicht: Venezuelas Menschenrechtsbeauftragter Tarek William Saab hat vor Kurzem einen gut 100-seitigen Bericht vorgelegt, in dem unter anderem dieser Frage nachgegangen wird. 13 starben bei Plünderungen, während 52 in direktem Zusammenhang mit den Protesten starben. 10 sind durch Aktionen der Polizei und Nationalgarde gestorben. Die anderen 42 gehen direkt oder indirekt auf das Konto der Opposition. Dieser Opposition, die mit selbstgebauten Mörsern vor kurzem einen Polizisten umgebracht und einen vermeintlichen Regierungsanhänger mit Benzin übergossen und angezündet hat.
Das ist offensichtlich nicht das Werk von friedlichen DemonstrantInnen. Die Opposition hat kein Interesse an einem Dialog, den die Regierung ihr trotz allem, noch immer anbietet. Sie sucht und provoziert die Gewalt. Etwa indem die PolizistInnen mit Bomben, die mit Fäkalien gefüllt sind, beschossen werden (vorwärts berichtete). Oder indem sie von der bewilligten Demonstrationsroute abweichen und ins Regierungsviertel vorzudringen versuchen. Dabei stellen sie sich vor die PolizistInnen, die sie davon mit Tränengas abzuhalten versuchen, wie es der Oppositionsführer Henrique Capriles so gerne macht, und schon hat man die Fotos, die gebraucht werden, um die Regierung als autoritär und gewalttätig darzustellen.
Allmächtiger Maduro?
Als ebenso autoritär und gewalttätig stellt Antonio die Regierung und insbesondere Präsident Maduro dar. Er schreibt über «Maduros Staatsstreich», scheinbar ohne jegliche Kenntnisse der venezolanischen Realität zu besitzen. Antonio offensichtlich keine Ahnung, wenn er schreibt «Gleichzeitig blockiert er (Maduro) auch alle vorgesehenen Kommunalwahlen, und hat sogar versucht, die Nationalversammlung durch den Obersten Gerichtshof zu ersetzen.» Zur Aufklärung: In der Bolivarischen Republik Venezuela existieren neben der Legislative, der Exekutive und der Judikative zwei weitere Staatsgewalten. Der Nationale Wahlrat und die Bürgergewalt. Für die Vorbereitung der Wahlen ist also nicht Maduro zuständig und er hat auch nicht die Kompetenzen, sie zu blockieren, dafür ist er Wahlrat zuständig. Kommen wir gleich noch zur zweiten schwachsinnigen und verleumderischen Aussage Antonios: «Maduro hat die Wahl dreier Abgeordneter in der entlegenen Amazonas-Provinz annullieren lassen und aufgrund dieser Tatsache die Nationalversammlung einfach für illegitim erklärt, anstatt für die drei Abgeordneten Nachwahlen zu organisieren.»
Auch hier gilt: Maduro hat diese Kompetenz gar nicht. Die Kompetenzen wurden der Nationalversammlung (dem Parlament) vom Obersten Gericht Ende März entzogen, weil es die Aussetzung des Mandats von drei Abgeordneten, ignorierte. Diese begingen mutmasslich Wahlbetrug. Das aber kümmerte die Opposition und ihren Parlamentspräsidenten Julio Borges nicht, schliesslich waren es ihre Abgeordneten. Also reagierte das Gericht damit, dass es alle Beschlüsse unter dem im Januar gewählten Parlamentspräsidenten für ungültig erklärte und der Nationalversammlung die Kompetenzen entzog, was es jedoch kurz darauf wieder zurücknahm.
Vorwärts zum Sozialismus
Alles in allem zeigt Antonio nicht den geringsten Respekt für die fortschrittliche Regierung Venezuelas, in ihrem Kampf für Verbesserung der Lage der Arbeiterklasse und der Armen. JedeR, dessen ernsthaftes Ziel der Sozialismus ist, weiss das die riesige Abhängigkeit der venezolanischen Staatseinnahmen vom Ölpreis ein grosses Problem darstellt. Es ist auch bekannt, dass die Probleme strukturell sind und nur durch das Fortschreiten zu Sozialismus konsequent angegangen und gelöst werden können. So wird das in solidarischer Kritik von der Kommunistischen Partei Venezuelas formuliert und das trägt auch dazu bei, dass die Linke weniger orientierungslos ist.