In Bangladesch hat die Kommunistische Partei an einer Konferenz ihr politisches Programm beschlossen. Sie wollen ein Bündnis der Industrie- und LandarbeiterInnen aufbauen, um die neoliberale Politik der Herrschenden zu beenden.
Bangladesch ist ein Land von wachsender internationaler Bedeutung. Mit seiner EinwohnerInnenszahl von 171 Millionen Menschen ist es auf dem siebten Platz. Es hat hohe Wachstumraten. Und es befindet sich strategisch interessant zwischen Indien und China. Bangladesch ist auch ein Land mit starken revolutionären Traditionen – auch aus jüngster Zeit. Im 19. und 20. Jahrhundert war Bengalen das Zentrum des Widerstandes gegen Britisch-Indien. Die erste Bangladescher Regierung nach der Unabhängigkeit bestand aus einer breiten politischen Koalition und schloss SozialistInnen ein. Sie förderte in hohem Masse Staatseigentum und Verstaatlichungen. 1975 wurde sie durch einen Militärputsch gestürzt und der Präsident wurde ermordet. Danach gab es eine Abfolge von Regierungen, die unter der Kontrolle des Militärs standen. Diese Regierungen stiessen auf grossen Widerstand seitens des Volkes, das von linken Kräften angeführt wurde und besonders unter den Armen auf dem Land und in der wachsenden Gewerkschaftsbewegung verankert war. In einigen Gebieten konnten LandarbeiterInnen Grundstücke besetzen und erfolgreich Produktionsgenossenschaften aufbauen. 1991 wurde schliesslich wieder ein demokratisches System durchgesetzt. Seitdem wechselte die Macht zwischen der Mittepartei Awami-Liga (AL), die zu Kompromissen mit den Rechten tendiert, und der reaktionären rechten Bangladesh Nationalist Party, die dem religiösen Fundamentalismus den Rücken deckt.
Eine demokratische Alternative
Das wirtschaftliche Wachstum ist zwar stark und die Armut ist zurückgegangen, aber die Ungleichheit hat in grossem Mass zugenommen. Es ist zu einer Landflucht und einer starken Bevölkerungszunahme in städtischen Gebieten gekommen. Dort stehen die Menschen für sehr billige Arbeit in der Produktion zur Verfügung, besonders in der Textilindustrie.
Vor diesem Hintergrund hat kürzlich der Kongress der Kommunistischen Partei Bangladeschs (CPB) stattgefunden, die Hauptkraft links der gegenwärtigen AL-Regierung. Begonnen hat der Kongress mit einer Massenversammlung von 10 000 UnterstützerInnen, an der ein Programm zur Entwicklung einer linken, demokratischen Alternative diskutiert wurde. Das Ziel des Programms ist es, die Macht von der herrschenden Elite wegzuschieben und die neoliberale Politik, die die Ungleichheit und soziale Polarisierung verstärkt, zu beenden. Wie Professor Akash von der Wirtschaftsfakultät der University of Dhaka den internationalen Gästen erklärte, handelt es sich nicht um eine revolutionäres Sofortprogramm: «Es zielt darauf hin, ein Bündnis der IndustriearbeiterInnen, der armen Landbevölkerung und den KleinproduzentInnen zu schaffen gegen ein System, das korrupt ist und soziale Gerechtigkeit verhindert.»
Verbreitete Korruption
Akash hat persönliche Erfahrung mit dieser politischen Korruption. Nach dem Gebäudeeinsturz in Sabhar von 2013, bei dem 1100 TexilarbeiterInnen umgekommen sind, wurde er von den Justizbehörden dazu berufen, eine wirtschaftliche Einschätzung der Kompensationen für die Familien der Opfer zu erstellen. Er stellte fest, dass den hinterbliebenen Familien durchschnittlich 25 000 Dollars zustehen würden für Lohneinbussen. Er konnte seinen Bericht innerhalb weniger Wochen fertigstellen. Drei Jahre später ist noch immer kein einziger Penny gezahlt worden. Die Arbeitgebervereinigung weigerte sich dazu. Und die Regierung hat nicht interveniert. Laut Akash haben dreissig Mitglieder des Bangladescher Parlaments finanzielle Abhängigkeiten im Textilbereich. Das ist bloss ein besonders schockierendes Beispiel dafür, wie das gegenwärtige System funktioniert, sagt der Ökonom. Staatliche Sozialprogramme werden systematisch geplündert. Der Reichtum wird zunehmend ins Ausland investiert. Die Mittel für elementare Bedürfnisse in der Infrastruktur wie zuverlässige Energieversorgung, Gesundheit und Bildung werden gekürzt. Akash betont, die grosse Gefahr dabei sei, dass es den sozialen Nährboden für den Aufstieg des religiösen Fundamentalismus bietet.
Das ökonomische Programm der Partei fordert die Schaffung von Produktionsgenossenschaften, besonders in fruchtbaren Landwirtschaftgebieten, und grössere Investitionen des Staates in die Infrastruktur, Bildung und Wohlfahrt. Akash betont die Bedetunng der Produktionsgenossenschaften. Es sei besonders in ländlichen Gebieten essenziell, die schädlichen, individualisierenden Folgen der Mikrokreditbetrügereien wie die der Grameen Bank rückgängig zu machen: «Sie haben nur einer kleinen Minderheit genutzt und schaffen eine Massenbasis für neoliberales Gedankengut. Wir müssen stattdessen auf der Erfahrung der Produktionsgenossenschaften aufbauen, um ein politisches Engagement für den sozialistischen Fortschritt zu entwickeln.»